Schlaftabletten – Risiken und Nebenwirkungen

Für über 1 Mio. Menschen im deutschsprachigen Raum gehört die Einnahme von Schlaftabletten zum Alltag. Aber eignen sich die Schlafmittel als permanente Lösung? Gibt es gesundheitliche Risiken, die Betroffene beachten müssen? Welche Alternativen gibt es?

In diesem Beitrag erfährst du mehr über folgende Inhalte:

  • Welche Arten von Schlaftabletten gibt es?
  • Benzodiazepine
  • Z-Substanzen
  • Antidepressiva
  • Einnahme und Risiken
  • Alternativen zu synthetischen Schlafmitteln

Welche Arten von Schlaftabletten gibt es?

Zu den rezeptpflichtigen Medikamenten, die gegen Schlafstörungen verschrieben werden, gehören prinzipiell drei Produktgruppen:

  1. Benzodiazepine
  2. Z-Substanzen
  3. Antidepressiva

Die sogenannten Benzodiazepine sind die klassischen Schlafmittel, die schon seit den 60er Jahren eingesetzt werden – typischer Vertreter hier wäre das Valium. Benzos sind Psychopharmaka, das heißt sie wirken im Gehirn und verändern die psychische Verfassung der Betroffenen. Sie wirken:

  • Angstlösend
  • Hypnotisch
  • Schlaffördernd
  • Schmerzstillend
  • Amnestisch (Gedächtnisverlust)
  • Muskelrelaxierend

So weit, so gut. Tablette geschluckt – ins Bett gelegt – und eingeschlafen. Leider ist es nicht ganz so simpel. Denn die Wirkung der Benzodiazepine geht mit einigen Nebenwirkungen einher. Häufige Nebenwirkungen sind:

  • Hohes Abhängigkeitsrisiko
  • Schnelle Toleranzentwicklung
  • Antriebslosigkeit und Gefühlslosigkeit
  • Gedächtnisverlust
  • Gewichtszunahme
  • Erhöhtes Sturzrisiko
  • Hangover-Effekt
  • Konzentrationsschwäche

Die Liste der möglichen Nebenwirkung geht noch lange weiter. Die drastischste Nebenwirkung ist das enorme Abhängigkeitspotenzial. Benzodiazepine über mehrere Wochen lang einzunehmen ist regelrecht ein Rezept für Reue. Langfristig wirken sich die Schlaftabletten aufgrund ihrer zahlreichen Nebenwirkungen ausgesprochen schlecht auf die gesamte Gesundheit und das Immunsystem aus, so dass Forscher sogar eine kürzere Lebenserwartung bei Abhängigen feststellen.

Neben Benzodiazepinen werden die bekannten Z-Substanzen oder Z-Drugs (Zolpidem, Zopiclon & Zaleplon) eingesetzt, um Schlaferkrankungen zu behandeln. Diese wirken ähnlich wie Benzos aber weniger gegen Ängste, sondern vor allem schlafanstoßend. Die Z-Drugs imitieren den natürlichen Neurotransmitter GABA, der die Aktivität des Gehirns dämpft und die Erregung der Nervenzellen hemmt.

Neuerdings wurde angenommen, dass die Z-Drugs ein geringeres Abhängigkeitsrisiko aufweisen als Benzodiazepine. Das hat sich aber laut Dr. Klösch, Schlaf- und Traumforscher an der Medizinischen Universität Wien, als Trugschluss herausgestellt. Neben dem hohen Suchtpotenzial gibt es noch weitere unerwünschte Nebenwirkungen:

  • Konzentrationsprobleme
  • Verwirrungszustände & Gedächtnisstörung
  • Hangover-Effekt, Tagesmüdigkeit und Erschöpfung
  • Hohe Toleranzentwicklung
  • Albträume & Halluzinationen
  • Depression
  • Kopfschmerzen

Die letzte Produktgruppe, die Ärzte häufig gegen Schlafstörungen verschreiben, sind Antidepressiva und angstlösende Substanzen. Diese sollen das kleinste Abhängigkeitsrisiko aufweisen, da sie in einer vergleichsweise geringen Dosis verabreicht werden. Sie besitzen aber andere Nebenwirkungen – wie Kopfschmerzen, Gewichtszunahme oder Herzrhythmusstörungen. Aufgrund ihrer in der Regel antriebssteigernden Wirkung können nicht alle Antidepressiva gegen Schlafprobleme eingesetzt werden, sondern nur solche, die sedierend wirken.

Einnahme und Risiken

Prinzipiell sollen verschreibungspflichtige Schlaftabletten nicht länger als über einen Zeitraum von vier Wochen und immer genau so, wie vom Arzt verschrieben eingenommen werden. Für die langfristige Behandlung sind keine der oben genannten Medikamente geeignet – sie kommen lediglich zum Einsatz, um akute Phasen abzulindern.

Wenn Schlafmedikamente falsch eingenommen werden

Eines der größten Missverständnisse, ist die allgemeine Annahme, dass Schlaftabletten bedarfsweise genommen werden können – also ähnlich wie bei Schmerztabletten – immer dann, wenn man gerade nicht schlafen kann. Das sollten Betroffene aber auf keinen Fall tun.

Beispiel für eine richtige Einnahme (wenn vom Arzt so verordnet!)

Der Schlafgestörte nimmt täglich eine Schlaftablette über einen Zeitraum von zwei Wochen und verkleinert die Dosis kontinuierlich, bis er die Tabletten vollkommen wieder absetzt.

In den meisten Fällen trifft dieses Szenario in der Praxis allerdings so nicht zu. Wer nicht schlafen kann greift schnell in das Nachkästchen, packt die Tablette aus und versucht am nächsten Tag keine Pille mehr einzunehmen. Das kann die Schlaflosigkeit aber sogar verschlimmern. Dr. Klösch betont, dass das abrupte Absetzen von Schlaftabletten zum sogenannten Rebound-Effekt führen kann. Das heißt, dass die Schlaflosigkeit sofort nach dem Absetzen der Medikamente wieder auftritt.

Schlaftabletten erhöhen das verfrühte Sterberisiko

Die weit verbreitete Vermutung, dass eine Überdosis Schlaftabletten zum Tod führt ist so nicht ganz richtig. Die Wahrscheinlichkeit an einer Überdosis zu sterben ist gering – das Risiko mit bleibenden Organschäden zu überleben jedoch hoch.

Kein Mythos ist aber, dass die regelmäßige Einnahme von Schlaftabletten zu einem erhöhtem frühzeitigem Sterberisiko führt. Schon weniger als 2 Schlaftabletten pro Monat erhöhen das Risiko eines frühzeitigen Todes.

Forscher des amerikanischen Scripps Clinic Sleep Center haben herausgefunden warum. Erstens lösen Schlaftabletten oft Depressionen aus – welche die Suizidgefahr steigern.  Zweitens begünstigen die Pillen das kurzzeitige Aussetzen der Atmung und beeinträchtigen die Herzfunktion. Drittens steigt das Risiko an Krebs zu erkranken um rund 35%.

Hinzu kommt, dass Schlaftabletten lediglich 20% der Betroffenen tatsächlich zu qualitativem Wohlfühlschlaf verhelfen – bei mehr als 70% bleibt der Schlaf gestört. Schlafstörungen sind allgemein gesundheitsschädigend und senken die Lebenserwartung, weshalb medikamentöse Behandlungen, die die Schlafqualität gar nicht wirklich verbessern nicht die erste Wahl sein sollten, um Schlafprobleme zu behandeln.

 

Welche Alternativen haben Betroffene?

Wichtig ist zu berücksichtigen, dass für jeden Menschen ein anderes Mittel das richtige sein kann. Es kommt immer auf die Ursache und das Individuum als solches an. Menschen, die unter einer Schlafstörung leiden, können eine Vielzahl anderer Methoden einsetzen, um die Erkrankung zu heilen.

Schlafhygiene verbessern

Das Fundament für erholsamen Schlaf ist eine gesunde Schlafhygiene. Unter Schlafhygiene versteht man bestimmte äußere Bedienungen und Verhaltensweisen, die einen gesunden Schlaf fördern. Sie ist einer der einfachsten Methoden, um schnell einen besseren und erholsameren Schlaf zu verwirklichen.

Schlafhygiene 101

  • Schlafumgebung

Die Schlafumgebung ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf unseren Schlaf. Sorge dafür, dass du dich in deinem Schlafzimmer wohl fühlst und, dass dein Bett inkl. Matratze, Polster etc. bequem und auf deine Bedürfnisse abgestimmt ist. Auch die Temperatur in deinem Schlafzimmer spielt eine große Rolle – ein guter Richtwert ist eine Temperatur von ca. 18 Grad.

  • Störfaktoren eliminieren

Störfaktoren sind jegliche Aspekte, die unsere Schlafqualität negativ beeinflussen. Hierzu gehören vor allem Licht und Lärm. Durch dunkle Vorhänge kannst du das Eintreten von Licht verhindern und Ohrstöpsel können störende Geräusche abschirmen. Ein weiterer Störfaktor, der vor allem in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle eingenommen hat, ist das blaue Licht von Smartphones, Tablets und Co. Versuche Bildschirme vor dem Schlafengehen zu meiden.

  • Regelmäßige Schlafenszeiten & Schlafroutine

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere – unser Organismus reagiert sehr sensibel auf uregelmäßige Schlafenszeiten. Versuche daher jeden Tag ungefähr zur selben Uhrzeit ins Bett zu gehen. Wenn du Schwierigkeiten hast, abends zur Ruhe zu kommen, kann du deinen Körper mit einem regelmäßigen Einschlafritual in den Schlafmodus bringen. Das kann z.B. eine Tasse Tee vor dem Zubettgehen oder eine Entspannungsübung sein.

  • Koffein, Alkohol und schwere Mahlzeiten vermeiden

Offensichtlich soll man vor dem Schlafengehen auf Kaffee verzichten. Aber auch Alkohol und die Einnahme von schweren Mahlzeiten wirken sich negativ auf die Schlafqualität aus. Man soll weder hungrig noch vollgefressen ins Bett gehen – am besten nimmst du eine leichte Mahlzeit 2-3 Stunden vor dem Schlafengehen zu dir.  

  • Frische Luft und Bewegung

Adenosin ist das Hormon, das uns abends müde macht. Wenn die Adenosin-Ausschüttung am Tag nicht genug gefördert wird, kann das dazu führen, dass wir am Abend nicht einschlafen können. Bewegung fördert die Produktion von Adenosin – mit einem Spaziergang und Bewegung an der frischen Luft kannst du also dafür sorgen, dass du schneller müde wirst und leichter einschlafen kannst.

Pflanzliche Schlafmittel

Der Trend geht von weg synthetischen Medikamenten hin zu pflanzlichen Heilmitteln. Heute sind rund 3.000 Pflanzen mit einer nachweislich heilenden Wirkung bekannt. Der Vorteil gegenüber chemisch-synthetischen Mitteln liegt vor allem im geringen Suchtpotenzial von natürlichen Heilmitteln. Außerdem haben sie wenig, bis keine Nebenwirkungen und können über einen langfristigen Zeitraum eingenommen werden. Phytopharmaka (Pflanzenheilmittel) sind wie klassische Medikamente tiefgründig wissenschaftlich geprüft. Sie wirken sich positiv auf die gesamte Gesundheit des Menschen aus und können nicht nur für aktuelle Zustände, sondern auch als präventive Maßnahmen eingesetzt werden.

Pflanzliche Schlafmittel sind in den verschiedensten Darreichungsformen erhältlich – z.B. als Tee, Badezusatz, Tablette oder Extrakt.

Zu den schlaffördernden Pflanzen gehören unter anderem:

  • Baldrian
  • Melisse
  • Hopfen
  • Lavendel
  • Vanille

Kognitive Verhaltenstherapien

Die effektivste Methode, um ein gestörtes Schlafverhalten zu behandeln, sind kognitiv-behaviorale Therapien. Hierbei handelt es sich um eine Form der Psychotherapie. Sie setzt bei der Ursache an, ist weitgehend nebenwirkungsfrei und hilft Patienten dabei sich selbst zu helfen. Kognitive-behaviorale Therapien werden zum Beispiel von der medizinischen Universität Wien im Zuge eines Schlafcoachings angeboten.

Aufbau und Inhalt

Die Therapie richtet sich stark auf das betroffene Individuum aus und ist daher in ihrem Aufbau und ihrer Dauer von Patienten zu Patienten unterschiedlich. Grundsätzlich benötigen Betroffene rund 6 bis 10 Sitzungen, bis man eine erhebliche Verbesserung feststellen kann.

Aufbau:

  1. Vermittlung von relevanten Informationen

Zuerst werden dem Patienten fundamentale Basisinformationen über den Schlaf nähergebracht, um zu verhindern, dass Betroffene realitätsferne Vorstellungen von einem gesunden Schlafverhalten haben. Ihm wird beispielsweise verdeutlicht, dass es vollkommen normal ist mehrere Male nachts kurz wach zu werden oder, dass nicht jeder Mensch 8 Stunden Schlaf benötigt.

  1. Erarbeitung eines individuellen Störungsmodells

In der nächsten Phase geht es üblicherweise darum die Ursache für das gestörte Schlafverhalten zu finden und die individuelle Krankheitsgeschichte des Patienten zu erfassen. Hier werden z.B. familiäre Vorerkrankungen und das bisherige Bewältigungsverfahren genauer betrachtet, um auf den Patienten abgestimmte Lösungen zu finden.

  1. Empfehlungen für richtige Verhaltensweisen als Basis für weitere Maßnahmen

Um die Basis für weitere Maßnahmen zu bilden, bekommt der Betroffene im nächsten Schritt Empfehlungen für richtige Handlungsweisen. Ihm werden Tipps für eine richtige Schlafhygiene und schlaffördernde Verhaltensweisen gegeben – diese reichen oft als alleinige Maßnahmen nicht, sind jedoch in Kombination mit weiteren Methoden sehr effektiv.

  1. Verhaltenstherapeutische Methoden

Verhaltenstherapeutische Methoden werden eingesetzt, um den Schlaf-Wach-Rhythmus wieder ins Gleichgewicht zu bringen und den Patienten das Einschlafen zu erleichtern. Zu ihnen gehören beispielsweise die Stimuluskontrolle, Schlafrestriktion oder paradoxe Intention. Bei der paradoxen Intention müssen Patienten ins Bett gehen und versuchen so lange wie möglich wach zu bleiben – so soll ihnen die Angst vor dem „Nicht-einschlafen-können“ genommen werden.

  1. Kognitive Therapien

Unsere Gedanken beeinflussen unseren Schlaf erheblich – negative Gedanken und Ängste sind die größten Schlafkiller unserer Zeit. Beim Kognitiven Therapieansatz handelt es sich um psychologisch-kognitive Maßnahmen, die die Wahrnehmung und Kontrolle der Gedanken verbessern. Zu ihnen gehören präventive Techniken, ablenkende Techniken und das sogenannte kognitive Umstrukturieren.